Nach zahlreichen Mails zum Thema: „Ich würde gerne eine Gitarre bauen, wie mache ich das, was brauche ich und kann ich das überhaupt?“, versuche ich hier eine Antwort zu geben.
Dabei plaudere ich einfach etwas über meine Erfahrungen, und vielleicht ist ja was dabei, das den Leser zum genaueren Betrachten anregt.
Ich beschränke mich dabei auf das Thema Solidbody-Gitarren, da sich bei akustischen Instrumenten die Sache etwas anders verhält.
Einleitung:
Der Weg zu einem fertigen und funktionierenden Instrument ist mitunter ein sehr steiniger. Ich habe das Gitarrenbauen auf keiner Schule gelernt und halte das auch nicht für notwendig.
Das könnte den Verdacht aufkommen lassen, dass es keiner besonderen Ausbildung bedarf, um beispielsweise Gitarren zu bauen.
Diese Sichtweise teile ich nicht.
Handwerkliches Geschick und Liebe zum Detail sind die Grundvoraussetzungen, die man mitbringen muss.
Die Feinheiten des Berufes eines Instrumentenbauers kann man aber auch ohne den Besuch einer Instrumentenbauschule erlernen.
Stetige Lernbereitschaft und autodidaktische Fähigkeiten sind bei diesem Weg aber Voraussetzung.
Der Respekt gegenüber den Leistungen der Gitarrenbau-Pioniere, die mit wenigen Werkzeugen und Hilfsmitteln manch meisterliche Arbeit verrichtet haben, ist für mich selbstverständlich. Darüber hinaus gibt uns diese Achtung einen exklusiven Einblick in das Wissen und Können der alten Meister.
Im Zeitalter von Internet und medialer Überflutung ist das Beschaffen von Informationen leichter geworden.
Erschwert wird das Ganze allerdings durch eine enorme Quantität an Informationen.
Aus dieser gilt es das Wesentlich zu extrahieren.
Das Wesentliche ist übrigens situationsabhängig und verändert sich mit den Anforderungen, die sich stellen.
Ich habe sehr viel Zeit damit verbracht, Bezugsquellen zu finden und Informationen über Holz zu sammeln, die Unterschiede herauszufinden usw. Dabei habe ich mich ausschließlich auf mein Ziel und das gerade aktuelle Modell, das ich bauen wollte, konzentriert.
Nicht billig, sondern bestmögliche und sinnvoll eingesetzte Qualität waren bei Kaufentscheidungen ausschlaggebend.
Weiters ist das Bauen von Werkzeugen und Hilfsmitteln, die ein sicheres Verarbeiten für das Material gewährleisten, sehr zeitaufwändig.
Der Ankauf für Maschinen, die benötigt werden, ist ein nicht zu unterschätzender Kostenfaktor.
Für mich bestand jedoch nie ein Zweifel daran, gute Instrumente bauen zu können. Ich wusste ganz genau, was ich will, was ich suche und an wem und woran ich mich orientiere.
Als ich meine ersten Gitarren gebaut habe, bin ich, abgesehen von der Größe bei der kleinen Paula, nicht vom Original abgewichen.
Noch bevor ich überhaupt mit dem Bau begonnen habe, wurde von mir ein exakter Plan der zu erfolgenden Arbeitsschritte und ihrer Reihenfolge gemacht, die Hardware vollständig organisiert und jedes kleinste Detail berücksichtigt. Diese Herangehensweise hat einen gravierenden Vorteil. Wenn man das so macht, baut man das Instrument bereits mental und hat einen Leitfaden, an dem man sich orientieren kann. Es ist wichtig, die Zusammenhänge der einzelnen Handgriffe zu verstehen. Man entwickelt mit jedem Instrument mehr Fähigkeiten und gewinnt an Sicherheit und Fachverstand.
Wenn ich beispielsweise zehn Gitarrenbauer nach ihrer Meinung gefragt hätte, hätte ich zehn unterschiedliche Antworten erhalten. Wer hat jetzt Recht? Ihr Handwerk verstehen vermutlich alle zehn.
Dass der ambitionierte Anfänger in Sachen Gitarrenbau dadurch verunsichert wird, liegt auf der Hand.
Man muss seine eigenen Erfahrungen machen, dann kommt man schnell dahinter, was geht und was nicht.
Und was wäre so schlimm daran, wenn bei der ersten Gitarre nicht alles perfekt gelingt?
Bei der "First Love Custom" habe ich bis auf das Top alles zweimal gemacht.
Beim Herausarbeiten des Bodys hat mir der Fräser ein Stück Mahagoni weggerissen. Spätestens da wusste ich, wie ich es nicht mehr mache. Beim Anpassen des Griffbrettes habe ich dann den Hals beschädigt usw. Natürlich hätte man die Teile trotzdem weiter verwenden können. Ich wollte aber das Maximum dessen, was mir möglich erschien, erreichen. Diese Einstellung hat mir ein Instrument beschert, das mir noch heute als Maßstab für saubere Arbeit dient.
Ich habe jeden Fehler, den ich gemacht habe, wieder ausgebessert und alles, was ich zweimal machen musste, diente mir als Übung.
Die Euphorie der ersten Erfolge schwindet recht bald und weicht einer ernüchternden Sichtweise. Die Kosten um eine Elektrogitarre zu bauen schwanken je nach Modell und Ausführung zwischen 450.- und 700.- Euro. (Stand 2009)
Nach oben sind die Investitionen natürlich offen.
Das bedeutet aber nicht automatisch, dass teuer gleich Qualität ist.
Die Zeit, die man für den Bau braucht, darf man gar nicht rechnen.
Auch Bildung kostet Geld! Fachbücher sind teuer, aber unverzichtbar, will man sich ehrlich mit der Materie befassen und nicht von dem, was die Mehrheit behauptet, abhängig sein.
Der Einkauf auf Ebay oder sonstigen Billig-Anbietern kommt für mich in Anbetracht des bevor-stehenden Arbeitsaufwandes gar nicht erst in Frage. Ich kann nur empfehlen, weder beim Holz noch bei der Hardware zu sparen.
Bei mir geht das so weit, dass ich z.B. ein Stop-Bar, das auf der Unterseite, die man übrigens nicht sieht, noch Überstände oder sonstige Verarbeitungsmängel aufweist, nicht verwenden würde.
Wer jetzt glaubt, dass das ja sowieso nicht vorkommt, der schaue sich die Hardware-Teile in Zukunft etwas genauer an.
Holz:
Die Holzauswahl ist wichtig, aber nicht allein entscheidend.
Die besten und teuersten ''Tonhölzer'' ergeben nicht automatisch ein gutes Instrument.
Immer wieder höre ich folgende Frage: Wie klingt Mahagoni oder Ahorn, und wenn der so klingt, da müsste doch, würde man die Hölzer mischen, alles so oder so klingen?
Auch wenn ich mir wieder einmal keine Freunde mache, behaupte ich, dass der Klang oder gar die Qualität einer E-Gitarre nicht ausschließlich über die Holzsorte gemacht werden kann. Bauart, verwendete Hardware, vor allem aber die Elektronik und ihre Komponenten und letzten Endes der zur Ver-wendung kommende Verstärkertyp haben in Summe mehr Einfluss auf den Klang als die Holzsorte.
Nebenbei sei erwähnt, dass es zum Beispiel sehr viele verschiedene Mahagonisorten gibt, die in ihrer Beschaffenheit von einander abweichen und so schon einmal gar nicht die gleichen klangunterstützenden Eigenschaften haben können.
Da spielen viele andere Faktoren eine Rolle, denen weit weniger Aufmerksamkeit geschenkt wird. Die Verarbeitung und vor allem der Trocknungsgrad der Materialien sind weitaus wichtiger als die Herkunft und Standort des verwendeten Holzes. Ist zuviel Restfeuchte im Holz, reagiert es auf Temperatur-schwankungen weitaus empfindlicher als gut getrocknetes Material.
Mahagoni von einem alten Fensterrahmen, und vor einigen Jahrzehnten wurden Fenster und Türen oft aus diesem Holz hergestellt, das trocken gelagert wurde, gäbe mit Sicherheit einen perfekteren Hals als eine beim Tonholzhändler um teures Geld erworbene Kantel.
Wenn man von Tonholz spricht, sind sich die Experten der Industrie auf diesem Gebiet natürlich einig.
Nur Tonholz ist Tonholz.
Was aber ist eigentlich Tonholz?
Gibt es einen Samen, mit dem man Tonholz pflanzt, oder ist es vielmehr das Geschick des Arbeiters, der einen Baum schlägert, zu erkennen, dass die Voraussetzungen bei eben genau diesem Stamm gegeben sind, um ihn für die Fertigung von Instrumenten zu verwenden? Und was, wenn der Holzfäller aber gerade sein Brennholz für die nächsten Heizperioden im Kopf hat und eine Gitarre nicht von einer Trommel unterscheiden kann?
Ja, dann wandert das Tonholz in den Ofen und wärmt seine Familie an kalten Wintertagen.
Auch wenn ich mir keine Freunde mache, lasse ich mich nicht von irgendwelchen Dogmen und Geboten, die von der Verkaufsindustrie in die Welt gesetzt werden, oder die man einmal gehört hat, beeinflussen. Da wird so viel nachgeplappert, nur um den Eindruck zu vermitteln, Sachkenntnisse über das Thema zu haben.
Vielleicht liegt es daran, dass wir gerne dazu neigen zu glauben, was wir glauben wollen, oder was uns gerade gut in das Konzept passt.
Es ist von großem Vorteil, die Aussagen und Informationen, die man erhält, etwas kritischer zu betrachten und gegebenenfalls zu hinterfragen.
Selbstverständlich auch gerne das, was ich hier von mir gebe.
Der Hobby-Gitarrenbauer, der sein erstes Instrument bauen will, braucht im Grunde genommen nur auf ein paar Dinge zu achten, um gutes Material zu bekommen.
Um auf Nummer sicherzugehen, kann man das Material nach stehenden Jahresringen (je nach geplanter Verwendung) auswählen. Das ist schon einmal nicht falsch.
Als Zweites achte ich auf die Engjährigkeit, vor allem bei Fichte.
Allerdings gilt auch hier zu beachten, dass die Engjärigkeit nicht allein ausschlaggebend für eine gute Decke ist. Es gibt Gitarrenbauer die behaupten das es keine Rolle spielt wenn die Jahresringe einer Fichtendecke nicht eng sind.
Bei der Wahl der Holzsorte würde ich mich anfangs nach den traditionellen Vorgaben richten.
Natürlich ist das nur als grober Leitfaden zu sehen. Die Kunst des gelernten Instrumentenbauers liegt auch darin, die Beschaffenheit der verwendeten Materialien zu kennen und sie in ihrer Verwendung aufeinander abzustimmen.
Um sich mit dieser Materie zu befassen, empfehle ich das Buch von Franz Jahnel - Die Gitarre und ihr Bau.
Da findet man detaillierte Angaben über Materialien und mehr.
Wichtig ist, dass das Holz nicht weniger als 5,0% und nicht mehr als 7,0% Feuchtigkeit hat.
Die Verarbeitungsumgebung sollte nicht weniger als 40% und nicht mehr als 60% Luftfeuchtigkeit aufweisen, denn dann wird es kritisch.
Die Raumtemperatur wäre mit 21° perfekt.
Diese Angaben stammen von Bob Benedetto und werden von mir auch eingehalten.
Ich habe bei einer kürzlich von mir vorgenommenen Kontrolle meiner selbst hergerichteten Hölzer die Feuchtigkeit gemessen. Zu meiner großen Freude konnte ich Idealwerte von 5,7% -7,0% ablesen und verfüge somit über einen schönen Bestand an eigenen Materialien.
Zum Thema Holz gab es bereits in der Ausgabe 9/02 vom G&B auf der Seite 80 eine bemerkenswerte Aussage von Bob Benedetto.
Zitat: Die gängige Meinung verlangt nach Holz, das langsam gewachsen ist. (Langsames Wachstum zeigt sich in engen Jahresringen). Nach meinem Wissen ist das ein Mythos. ... Einige meiner besten Gitarren sind aus Fichte, die manche für minderwertig halten würden. Schau die alte Meisterwerke von Stradivari oder Guaneri an, auch die sind aus Holz mit weiten Jahresringen. Vielleicht sind wir nur jahrelang auf die Werbung in den Prospekten einiger Firmen hereingefallen, die eng gemasertes Holz angepriesen haben. Zitat aus dem Artikel: Ich bin in Penn- sylvania mal in eine Holzhandlung gegangen und habe das schlechteste Holz ausgesucht, das ich finden konnte. Daraus habe ich eine Gitarre gebaut, die hervorragend klingt – Scott Chinery hat sie gekauft."
Mit dieser Aussage sollte es dem ambitionierten Gitarrenbauer doch recht leicht fallen auch mit etwas günstigeren Materialien seine ersten Versuche zu machen.
Jetzt kann man eine Liste mit den Maßen und dem gewünschten Material erstellen und zu einem Tischler gehen. Die meisten Betriebe haben die Möglichkeit, den Feuchtigkeitsgehalt des Holzes zu messen, und zugeschnitten wird euch das Material sicher auch.
Viele Betriebe haben auch noch Material in ihren Lagern, das da seit mehreren Jahren rumliegt und aus Modegründen heute keine Verwendung mehr im Möbelbau findet.
Nicht alles, aber manches ist besten für die Zwecke des Instrumentenbauers geeignet. Hin und wieder ist etwas dabei, das ihr beim Tonholzhändler gar nicht erst zu Gesicht bekommen würdet. Vom Preis einmal ganz abgesehen.
Wer plant, mehrere Gitarren zu bauen, sollte sich vielleicht die Anschaffung größerer Holzmengen überlegen und sie bis zur endgültigen Verarbeitung trocken und gut gelüftet zwischenlagern.
Das macht der Gitarrenbauprofi nicht anders, und Geld kann man sich dabei auch noch sparen.
Der größte Gewinn bei diesem Verfahren ist aber, dass man unbezahlbares Wissen und Erfahrung über das Material, mit dem man arbeitet, bekommt. Mit der Zeit genügt ein flüchtiger Blick auf ein Holz um zu erkennen, ob es für den Zweck des Instrumentenbaus überhaupt in Frage kommt.
Oberflächenbehandlung:
Die Oberflächenbehandlung ist ein weiterer Streitpunkt unter den "Experten". Ich kann dazu nur sagen, dass es unumgänglich ist, sich mit dieser Thematik zu befassen, zu experimentieren und unermüdlich an der Perfektionierung zu arbeiten.
Auch bei diesem Thema ist es wichtig, sich nicht vom Nachgeplapper der Massen beeinflussen zu lassen, sondern mit Sachverstand und den immer wandelnden Gegebenheiten im Gleichgewicht zu bleiben.
In der Praxis gibt es mehrere Methoden, um die Oberfläche zu schützen. Jede für sich hat ihre Vor-und Nachteile. Bei der Wahl des Produktes sollte die Beanspruchung, vor der das Instrument geschützt werden soll, mit berücksichtigt werden. Einige Techniken bzw. die Verwendung von Materialien lassen sich vom Laien nicht ohne Probleme bewerkstelligen.
Beim genaueren Betrachten könnte zum Beispiel das ein Grund sein, warum Öl und Wachs verwendet werden. Bei einer Solidbody-Gitarre zumindest würde ich das nur auf besonderen Wunsch tun.
Man sollte auch nicht den Fehler machen, Gitarren mit Geigen zu vergleichen. Auch Äpfel und Birnen sind Obst, aber schmecken tun sie erst noch anders als Zwetschken.
Eine ausführliche Behandlung dieses Themas geht mir hier aber zu weit.
Die wohl wichtigste Erkenntnis, die ich erhalten habe, ist die, dass es nicht den einen Weg gibt, eine Gitarre zu bauen, sondern viele Wege.
Das, worauf es ankommt, setzt jeder einzelne Gitarrenbauer auf seine Art um.
Es ist bestimmt keine Kunst, eine Gitarre zu bauen, eine handwerkliche Herausforderung ist es aber allemal.
Es stellt sich auch nicht die Frage, kann ich eine Gitarre bauen oder nicht.
Die Frage ist, WILL ich eine Gitarre bauen.
Wer das mit ja beantwortet, braucht die Bestätigung anderer nicht mehr.
Ich wünsche euch viel Freude und Erfolg beim Bauen eurer Instrumente.