Es gibt immer wieder schöne Momente die ganz unerwartet kommen. So auch diese ES 335 von Gibson. Das Instrument gehört dem Gitarrenlehrer von Linus und so kam ich in den Genuss, an diesem Schätzchen eine kleine Servicearbeit zu machen.
Der Zustand der Gitarre ist dem Alter entsprechend und dem Himmel sei Dank, really vintage. Keine nachgekratzte Optik oder angeätzten Mechaniken. Einfach authentisch und echt.
Dass es sich beim Baujahr von 1966 um mein Geburtsjahr handelt, erfreut mich natürlich um so mehr.
Über die Jahre haben sich im Inneren der Gitarre sehr viele Staub- und Schmutzpartikel angesammelt, die ich mit einem geeigneten Pinsel zumindest dort entfernt habe, wo man gut dazugekommen ist. Der Rest ließ sich mit etwas Luftdruck und dem Staubsauger entfernen.
Das Schlagbrett hatte irgendwann in all den Jahren wohl einmal etwas viel Wärme abbekommen und sich dadurch sehr gewölbt. Da das Material aus Azetat besteht, wird es mit den Jahren spröde und neigt zum leichten Brechen. Da reicht dann leider oft schon eine Kleinigkeit und es entsteht eine Bruchstelle, die man zwar sehr einfach wieder restaurieren kann, aber die Ausgangssituation, das leichte Zerbrechen, bleibt. Aus diesem Grund habe ich nach den Maßen des Originals ein Duplikat angefertigt und dieses anstatt des Originals montiert. So bleibt das Alte erhalten, und für den Schutz beim Spielen sorgt ein sorgfältiges Replika. Um die Farbgebung dem Originalschlagbrett anzupassen, habe ich ein wenig nachgeholfen. Tut man dies nicht, sieht das sehr hässlich aus und wäre eine Schande für das Auge. Grundsätzlich wäre es bei vielen alten Gitarren, die noch regelmäßig gespielt werden, zu empfehlen, die Schlagbretter aus Azetet zur Seite zu legen um sie zu erhalten und durch gut gemachte Replikas zu ersetzen . Es ist immer gut, wenn man das originale Schlagbrett bei einem Verkauf dazulegen kann. Da spielt der Zustand meist keine Rolle, es geht in der Hauptsache um Vollständigkeit.
Dass das Instrument gespielt wurde, kann man deutlich sehen. Gerade das verleiht der Gitarre aber den nötigen Charme. Die Bundkronen waren teils schwer in Mitleidenschaft gezogen worden, was in dem Alter aber schon sein darf. So mussten noch die Bundkronen abgerichtet und wieder verrundet werden. Danach wurde aufpoliert und das Griffbrett mit Öl gepflegt.
Mehr gab es an meiner Jahrgängerin nicht zu tun! Ich hoffe, dass mein Arzt bei der nächsten Gesundenuntersuchung meinen Zustand ähnlich bewertet. Eine kleine Fotostory zeigt das Instrument, das schon zur Zeitgeschichte zählt.